Alfred Ninaus – ein Leben für den Film

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Im Jahr 1982 gründete Alfred Ninaus seine eigene Filmproduktionsfirma RANFILM. Im Jahr 1982 gründete Alfred Ninaus seine eigene Filmproduktionsfirma RANFILM.

Interview: Dorian Krois
SOJ: Wie sind Sie ursprünglich zum Film gekommen?
Alfred Ninaus: Klingt wie ein Märchen, hat sich so aber abgespielt: Schon als kleiner Bub habe ich an mir eine bestimmte Form von Kreativität entdeckt. Ich habe zum Beispiel bei allen möglichen Liedern, die ich im Radio gehört habe, gerne mitgesungen – oder auch gerne gemalt und gezeichnet, oder schon als Schüler in der ersten Klasse Volksschule Theater gespielt – zuhause habe ich aus Lehm                Figurenköpfe gebastelt und eine Puppentheaterbühne bespielt. Nachbarskinder sind gekommen und haben den Vorstellungen gespannt gelauscht. Als Bub habe ich jeden Sonntag meinen Zieheltern, bei denen ich ab dem dritten Lebensjahr aufwuchs, das Geld für eine Kinoeintrittskarte abgerungen und fast alles in unserem Dorfkino im heutigen Bad Waltersdorf angeschaut.
Mit 15 Jahren habe ich an den damaligen – sehr berühmten – ORF Fernsehdirektor Dr. Helmut Zilk (der Jahre später lange Bürgermeister von Wien war) einen persönlichen handgeschriebenen Brief geschickt mit der Bitte – ich bin erst 15 Jahre und möchte Kameramann werden. Wie wird man das? 14 Tage später kam ein Brief. Der Briefträger hat meine Ziehmutter erstaunt gefragt, wohnt bei euch ein Alfred Ninaus? Ja! – hat meine Ziehmutter gesagt, das ist unser Ziehsohn – warum? „Weil er hat einen Brief bekommen vom ORF – Programmdirektor Dr. Helmut Zilk“!
Dr. Zilk schrieb mir in dem Brief, dass ich erst einen einschlägigen Beruf erlernen sollte und ich nach dem Abschluss Kamerassistent werden könnte. Diese Zeit würde dann mindestens fünf Jahre dauern. Danach wird man („mit viel Glück!“) Kameramann. Ich lernte also den Beruf der Fotografie in Hartberg bei der Firma Toth. Bereits im ersten Lehrjahr entwickelte ich die Idee für meinen ersten Kurzfilm mit dem Titel „Christina“, einer Liebesgeschichte. Die Herstellung des Filmes war dann Stoff für einen eigenen Film! Dr. Zilk hatte mir für die Produktion abermals geholfen. Schließlich war ich bereits mit 18 Jahren mit Sicherheit der jüngste Filmemacher in Österreich. 1970 – im Rahmen der 800 Jahrfeier von Waltersdorf, wurde der Film vor mehreren 100 Besuchern aufgeführt.  Von da an habe ich gewusst, das ist meine Welt, ich werde Filmregisseur – das ich später auch mein eigener Filmproduzent werden sollte, damit habe ich nicht gerechnet.  
SOJ: Was ist Ihr Spezialgebiet?
Alfred Ninaus: Mein Spezialgebiet ist umfassend – es reicht von „Sozialkritik – bis hin zu gesellschaftsrelevanten Themen“ (Drogenproblematik, Asylpolitik, Fremdenfeindlichkeit, Liebe und Tod) und historische Themen „Habsburger in Österreich“, sowie die Natur- und Umwelt! Ich als Filmregisseur stelle selbst an mich den Auftrag, nicht weg- sondern hinzuschauen. Mit der Kamera so nah als möglich in die Tiefe der menschlichen Seele zu blicken und diese zu ergründen, ohne den- oder diejenige zu verletzen. Die aktuelle Krise bietet endlich die Chance für uns alle aufzuwachen und umzudenken. Nicht immer „Noch mehr ist nicht genug“  sondern „Weniger ist mehr“ ist gefragt! Es ist von uns allen gefordert eine „Radikale Umgestaltung der Weltwirtschaft“ mit Kernthemen wie „Klimakrise“, „Artensterben“, „Reichtumsverteilung“, „eine vollkommen engleiste Agrarwirtschaft“, ein „vernachlässigtes Gesundheitswesen“, eine „erpresserische Geldwirtschaft“, usw. (oh Gott, haben wir Baustellen!) Also genug Filmthemen – die auf mich noch warten!
SOJ: Wie viele Filme haben Sie im Laufe Ihrer Karriere bisher gedreht?
Alfred Ninaus: 1982 gründete ich die   RANFILM und bis 2018 war ich Alleineigentümer und habe ca. 100 Filme, Dokus, Kurzfilme, TV Spielfilme und Kinospielfilme produziert. 2018 habe ich mich von meiner Produzentenfunktion zurückgezogen und die RANFILM meiner Tochter Stephanie sowie zu gleichen Teilen meinem Sohn Matthias übergeben.
SOJ: An welches Projekt erinnern Sie sich immer besonders gerne zurück?
Alfred Ninaus: Ich erinnere mich an fast alle meine Filmdreharbeiten zurück! Natürlich blieben mir die Dreharbeiten zu meinem ersten Kinospielfilm (1979) „Lauf, Hase, lauf“ besonders stark in Erinnerung. Das hat schon damit begonnen, dass ich zuerst einmal kein Geld für den Film gehabt habe – wie eigentlich meistens immer – bei allen Filmen. Diese spannende Geschichte von zwei Buben im Alter von 12 und 13 Jahren, die in den Grazer Slums (Holzbarackenlager als ehemalige Lagerstätten für durchziehende Kriegsgefangene in den Murfeld - Auen) in einem kriminellen Umfeld aufgewachsen sind bzw. selber zu solchen geworden sind – im Kino zu erzählen, das war schon eine Herausforderung und dafür habe ich gekämpft. Ab dem Jahr 2000 habe ich mich mehr und mehr dem Fernsehdokumentarfilm zugewandt – die Steiermark bietet sich als Motiv geradezu an - und diese Filmprojekte finden immer mehr Beachtung.
SOJ: Ihr letzter Film war eine Doku über die Schlösserstraße. Wie ist es dazu gekommen?
Alfred Ninaus: Es war die Idee von Andreas Bardeau – dem Schlossherrn  von Kornberg. In seiner Eigenschaft als Obmann der „Schlösserstraße“  wollte er die in einem Dornröschenschlaf befindlichen Schlösser und Burgen wieder erwecken  und Akzente setzen – eine TV Filmdokumentation schien ihm dafür als ein sehr geeignetes Mittel. Bei näherer Betrachtung waren wir uns gleich einig – mit einer 45 min Filmdoku ist dem nicht Genüge getan. Mindestens drei Teile zu je 45 min müssten es sein, damit alle Schlösser & Burgen halbwegs filmisch  dargestellt werden können. ORF 3sat war bisher schon bei vielen TV Dokus ein sehr verlässlicher Partner und so haben wir der 3sat Redaktion dieses Projekt angeboten. Und zur großen Freude hat 3sat sofort Gefallen an diesem Projekt gefunden und auch zugesagt. In 40 Drehtagen und 60 Schnitt-Tagen wurde das bildgewaltige Serienprojekt,  gefertigt. Die Erstausstrahlung im November 18 der Teile 2 und 3  erzielte die Megaquote von 1,2 Mio. Zuschauern in Deutschland und Österreich. Nunmehr – am 8. Juni 2020 sendete 3sat den Teil 3 erstmals und wiederholte anschließend die Teile 1 und 2 und erzielte nochmals die Traumquote von 1,4 Millionen Zuschauern. Dieser Erfolg beflügelt und so kann man jetzt schon sagen, dass es eine Fortsetzung von weiteren drei Teilen geben wird.
SOJ: Gibt es bereits ein neues Projekt?
Alfred Ninaus: Ja – Mitte Juni beginnen wir mit den Dreharbeiten für eine 5-teilige TV Serie über „Österreichs- und Südtirols  Bergdörfer“. Die filmische Reise führt uns durch 5 Bergdörfer vom steirischen Murtal bis ins kärntnerische Bergleben, rund um den Glockner bis hinauf in den Salzburger Pinzgau – weiter in den Himmel des Osttiroler Villgratental bis zum Südtiroler Vinschgau. 50 Drehtage werden es wohl sein und mindestens 60 Schnitt-Tage werden wieder benötigt werden – damit die Zuschauer/innen ab Ende September bis Ende Oktober diese Filmdoku-Reihe sehen können.
Ich halte es mit Werner Herzog, der einmal sagte – „damit ich meinen nächsten Film drehen kann, bin ich bereit auch in die Hölle hinunter zu steigen um dem Teufel die Filmrolle aus seinen Klauen zu entreißen“ – oder auch mit den Regie-Brüdern Joel und Ethan Coen – die einmal sagten: „Ich esse, trinke Film!“

Süd-Ost Journal

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