Wirtschaft in Zeiten der hohen Inflation

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KommR Ing. Gerald Gollenz ist seit 35 Jahren in der Österreichischen Immobilienwirtschaft als Bauträger in leitenden Positionen tätig, seit 2012 als selbstständiger Projektentwickler, seit 2000 Funktionär der WK Steiermark, seit 2005 Obmann der Immobilientreuhänder Steiermark, seit 2022 auch Bundesobmann. KommR Ing. Gerald Gollenz ist seit 35 Jahren in der Österreichischen Immobilienwirtschaft als Bauträger in leitenden Positionen tätig, seit 2012 als selbstständiger Projektentwickler, seit 2000 Funktionär der WK Steiermark, seit 2005 Obmann der Immobilientreuhänder Steiermark, seit 2022 auch Bundesobmann.

„Wohnungseigentum ist beste Altersversorgung“

Interview: Dorian Krois

SOJ: Die hohe Preisdynamik trifft Häuslbauer und Immobilieninvestoren mit voller Härte. Die aktuellen EZB-Leitzinsen von 3,5 Prozent, belasten zusätzlich enorm. Wie ist es im Moment um den österreichischen Immobilienmarkt bestellt?

Ing. Gerald Gollenz: Wir befinden uns derzeit in einer schwierigen Phase, es herrscht sowohl bei uns als auch bei den Konsumenten eine noch nie da gewesene Unsicherheit durch die multiple Krise, die Grundstückspreise sind nach wie vor auf sehr hohem Niveau und die Baupreise sind derzeit kaum kalkulierbar. Die gewerblichen Bauträger errichten in Österreich 3/5 aller Wohnungen, in der Steiermark sogar 75%, wir sind ein wichtiger Faktor der österreichischen Wirtschaft, leider sehen dass nicht alle so. Nehmen wir an, der Markt bricht wirklich massiv ein, dann würde das auch enorme Auswirkungen auf die Bauwirtschaft, den Baustoffhandel, die Baustoffindustrie und schlussendlich auch auf das Staatsbudget haben und tausende Arbeitsplätze gefährden. Das vergessen leider gewisse Entscheidungsträger in Österreich, die der Meinung sind, alles neu regulieren zu müssen, siehe Bebauungsdichteverordnung oder Grazer Stadtentwicklungskonzept.

SOJ: Aus der Immobilienbranche habe ich Anfang des Jahres folgenden Satz gehört: „Wer noch kein Haus gebaut hat, baut so schnell keines mehr“. Was halten Sie von dieser Aussage?

Ing. Gerald Gollenz: Die Aussage ist etwas überzogen, wir sind noch nicht in einer Endzeitstimmung. Aber eine vom Fachverband der Immobilientreuhänder der WKO erstellte Studie zeigt schon, dass wir für 2023 einen Höhepunkt der Fertigstellungen neuer Wohnungen im Bundesgebiet mit ca. 47.000 Einheiten haben, 2024 reduziert sich das Volumen auf 36.000 und für 2025 sind aus heutiger Sicht gar nur mehr 15.000 vorhergesagt. Das bedeutet z.B. für Graz, dass nur einige hundert Wohnungen neu gebaut würden, das müssen wir ernst nehmen. Und die Regelungen, die aus Brüssel kommen, die wir leider in Österreich im vorauseilenden Gehorsam immer schön brav vor allen anderen umsetzen, tragen auch nicht dazu bei, dass mehr gebaut wird.

SOJ: Im August 2022 wurden die Vergabekriterien für Immobilienkredite in Österreich verschärft. Wie hat sich diese Maßnahme auf den Markt ausgewirkt?

Ing. Gerald Gollenz: Die Intention der KIM Verordnung ist zwar verständlich, sie ist aber zum schlechtesten Zeitpunkt gekommen und die stark überzogenen Regelungen haben fatale Auswirkungen. Aus Bankenkreisen hört man von einem Rückgang der Kredite um 70%, natürlich spüren auch wir das am Markt. Speziell jungen Menschen ist es kaum möglich, Kredite zu bekommen, es muss daher rasch gegengesteuert werden, wir fordern u.a. eine Erhöhung der Schuldendienstquote von 40% auf 50%, in Deutschland liegt diese sogar bei 60%. Und auch über eine Kreditlaufzeitverlängerung muss man nachdenken, es muss möglich sein, in Generationen zu denken. Und eines darf man nicht vergessen, Wohnungseigentum ist die beste Alterversorgung.

SOJ: Was sind die Perspektiven für junge Menschen, also der Generation „Nullzins“? Für viele ist die Finanzierung der eigenen vier Wände in weite Ferne gerückt.

Ing. Gerald Gollenz: Leider war die Null Zins Politik der EZB aus meiner Sicht schlecht bzw. hat zu lange gedauert, Ich kann mich noch sehr gut an 2-stellige Prozente bei den Zinsen erinnern, auch damals wurde sowohl gebaut als auch gekauft. Den jungen Leuten kann ich nur raten, so lange in der Miete zu bleiben, bis man seinen persönlichen Lebensmittelpunkt gefunden hat und – wenn es die Arbeitssituation erlaubt – aufs Land zu ziehen. Eines ist aber auch klar, vier Tage arbeiten und im Penthouse in Graz-Geidorf zu wohnen wird schwierig.

SOJ: Im März lag die Inflationsrate in Österreich bei 9,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und somit über dem EU-Durchschnitt (8,3 Prozent). Nord- und Westeuropäische EU-Länder stehen im Vergleich besser da (Niederlande z.B. „nur“ 4,5 Prozent). Warum ist die Inflation in Österreich so hoch?

Ing. Gerald Gollenz: Natürlich trägt die Politik eine Mitschuld, ich bin selbstverständlich für freie Marktwirtschaft, aber was sich derzeit am Energiesektor abspielt, ist haarsträubend und gehört so rasch als möglich korrigiert. Und auch die Einmalzahlungen haben dazu beigetragen, dass die Inflation nicht sinkt, im Gegenteil, im April haben wir uns wieder der 10% Marke genähert, das muss aufhören, und das so rasch als nur möglich.

SOJ: Wie sehen Sie die Situation am Immobilienmarkt der Südoststeiermark?

Ing. Gerald Gollenz: Der Markt hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. War man lange Jahre sowohl bei der Anzahl als auch den Preisen für Wohnungen das Schlusslicht in der Steiermark, so nimmt man jetzt was den Preis betrifft einen Platz im Spitzenfeld ein, die Anzahl der 2021 bis 2023 fertiggestellte Wohnungen liegt aber mit ca. 375 nach wie vor im hinteren Drittel der Steiermark. Die Südoststeiermark ist ein lebenswerter Bezirk, hier leben zu dürfen wo andere Urlaub machen ist schon ein Privileg, dieses sollte aber für alle gelten. Speziell der Jugend muss es möglich sein, in der Heimat bleiben zu können, nicht nur Corona hat gezeigt, wie wertvoll die Nähe zur Natur und das Landleben sind.

SOJ: Was sind Ihre Wünsche an die Politik zu diesem Thema?

Ing. Gerald Gollenz: Die Politik braucht endlich mehr Mut, das fängt schon beim Mietrechtsgesetz an, seit Jahrzehnten fordern wir einen großen Wurf, nichts geschieht. Die Regierung, und hier speziell die Grünen, arbeiten Ihre Themen ab, ohne Rücksicht auf Verluste, und die mir nahestehende Wirtschaftspartei schaut zu. Schauen Sie sich nur unsere Berufsgruppen an: Den Maklern nimmt man mit dem Bestellerprinzip einen Teil ihrer Existenzgrundlage und riskiert tausende Arbeitsplätze, die Verwalter leisten Enormes ohne eine Anpassung des Honorares zu bekommen und den Bauträgern erschwert man mit vollkommen überzogenen Regelungen das Arbeiten. Wir haben z.B. jahrelang davor gewarnt das Bestellerprinzip einzuführen. In Deutschland hat das dazu geführt, dass der Mietenmarkt enorm rückläufig ist, sehr viele Wohnungen nicht auf den Markt kommen. Wir werden die Situation in Österreich genau beobachten und dann zu gegebenem Zeitpunkt ein Resümee ziehen. Ich befürchte, das wird nicht positiv ausfallen.

Süd-Ost Journal

"Für die Menschen, für die Region"