Styriabrid-Chef Kurt Tauschmann: „AMA ist das Gütesiegel mit meistem Mehrwert für die Bauern“

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Ing. Kurt Tauschmann aus Großwilfersdorf ist seit 9 Jahren Styriabrid-Obmann. Ing. Kurt Tauschmann aus Großwilfersdorf ist seit 9 Jahren Styriabrid-Obmann.

Interview: Dorian Krois

In unseren letzten drei Süd-Ost Journal Ausgaben widmete ich dieses Interview-Format dem Thema Nutztierhaltung. Dabei kamen Biobauer Norbert Hackl (Biohof Labonca), Johann Kaufmann (Geschäftsführer Fleischhof Raabtal) und DDr. Martin Balluch (Obmann Verein Gegen Tierfabriken) an dieser Stelle zu Wort. Eines ist klar: Das Thema polarisiert gewaltig. Darum war es mir im Sinne der Objektivität wichtig, Nutztierhaltung, Schlachtung und Kennzeichnung für Konsumentinnen und Konsumenten aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Als Abschluss dieser Serie habe ich deshalb auch Styriabrid-Obmann Ing. Kurt Tauschmann als höchsten Vertreter der steirischen Schweinebauern zu einem Gespräch eingeladen.

SOJ: Was ist Styriabrid und welche Vorteile haben die Schweinebauern dadurch?

Kurt Tauschmann: Die Styriabrid wurde vor 50 Jahren als Erzeugergemeinschaft gegründet. Wir vermarkten mittlerweile rund 850.000 Mastschweine pro Jahr und haben damit in der Steiermark einen Marktanteil von ca. 80 Prozent. Neben der Schweinevermarktung ist auch die Interessensvertretung ein Teil unserer Dienstleistung. In Zukunft werden wir unseren Mitgliedern auch eine Stallbauberatung anbieten und wollen gewährleisten, dass es in der Steiermark genug Schweinefleisch gibt.

SOJ: Seit Jahren sind die österreichischen Schweinebauern einem großen Preisdruck ausgesetzt. Wie sieht die aktuelle Situation aus? Kann überhaupt noch kostendeckend produziert werden?

Kurt Tauschmann: Der Schweinepreis ist ja in Europa liberalisiert, heißt es gibt keine Handelsgrenzen. Jedes Land in Europa weiß daher, was der Preis in einem anderen Land ist. Wöchentlich wird der Schweinepreis je nach Angebot und Nachfrage neu bestimmt. Im europäischen Vergleich sind wir mit unseren Stallgrößen, die wir in Österreich haben, ja Winzlinge. Wir haben momentan eine schwierige Situation und daher heuer bereits zwei Mal einen Verlustersatz von der Bundesregierung bekommen. Obwohl der Schweinepreis derzeit relativ hoch ist, haben wir mit der kostendeckenden Wirtschaftsweise zu kämpfen. Ein großer Vorteil ist der Wirtschaftsdünger, der als positives Nebenprodukt in der Schweinehaltung übrig bleibt, denn es explodieren ja derzeit die Handelsdüngerpreise. Diese sind für die Ackerbauern nächstes Jahr unleistbar.

SOJ: Welche Rolle spielt da der Handel? Warum werden im Supermarkt die Preise nicht so gemacht, damit kostendeckendes Produzieren möglich ist?

Kurt Tauschmann: Weil das ganze System nicht so einfach funktioniert. Der Schweinepreis wird ja zwischen Schlachthöfen und Erzeugerorganisationen wöchentlich festgelegt. Die Schlachthöfe haben mit den Handelsketten meistens längerfristige Lieferverträge. Da werden die wöchentlichen Preisschwankungen, die wir Bauern spüren, etwas abgefedert. Deswegen gibt es keine großen Preisschwankungen für die Konsumentinnen und Konsumenten. Wenn das Schwein für uns teuer ist, was gut ist, wird das preislich zum Teil vom Handel abgepuffert, umgekehrt geht es in die andere Richtung. Hier ist die sozialpolitische Rolle der Handelsketten gar nicht so undramatisch.

SOJ: Vor wenigen Wochen kam ein weltbekannter Hersteller von Schokoriegeln in die Schlagzeilen. Das Unternehmen wollte höhere Preise durchsetzen, die von einigen Handelsketten aber nicht akzeptiert wurden. Nun werden diese Handelsketten einfach nicht mehr beliefert. Wäre so eine raue Gangart auch für Schweinefleischproduzenten denkbar, um endlich einen besseren Preis zu bekommen?

Kurt Tauschmann: Das ist theoretisch möglich, in der Praxis sind wir aber jederzeit austauschbar. Es gibt in Europa genügend Schweinefleisch, es würde dann einfach von wo anders herkommen. Es ist auch der AMA zu verdanken, dass die Handelsketten bewusst österreichische Produkte abnehmen, weil das auch vom Konsumenten nachgefragt wird. Heimische Produkte werden in Österreich klar bevorzugt, darauf können wir im europäischen Vergleich, wo das oft nicht so ist und nur der Preis zählt, schon sehr stolz sein.

SOJ: In unserer letzten Ausgabe hat DDr. Martin Balluch, der Obmann vom VGT, die Kritik geäußert, dass bei der AMA mehr auf die Herkunft und weniger auf die Haltungsbedingungen geschaut wird. Ist diese Kritik gerechtfertigt?

Kurt Tauschmann: Man kann immer etwas verbessern und darf nicht so arrogant sein und sagen, dass ist der Weisheit letzter Schluss. Mit der neuen Tierhalteverordnung haben wir die Rahmenbedingungen für die nächsten 20 Jahre festgelegt. Das heißt aber nicht, dass das genauso kommen wird. Es ist aber die Richtung klar, wo wir hinmüssen. Nutztierhaltung hat sich immer verändert und wird sich auch immer verändern. Das AMA-Gütesiegel ist aber bei aller Kritik das Gütesiegel, wo am meisten Mehrwert auch zu den Bauern kommt. Wir haben im vorigen Jahr eine neue Vermarktungspyramide aufgebaut. Im AMA-Gütesiegel gibt es nun mehr Module und mehr Tierwohl. Die Frage ist, was davon am Markt umsetzbar ist. Das werden die nächsten Jahre zeigen und wir werden unsere Produktion danach ausrichten.

SOJ: Der Vollspaltenboden wird von Tierschützern komplett abgelehnt.Warum ist das so ein Reizthema geworden?

Kurt Tauschmann: Weil sich die Tierschützer 20 Jahre lang auf das Thema draufgesetzt haben. Der Vollspaltenboden ist ein internationaler Standard und nicht unsere Erfindung. Es wird die lange Übergangsfrist zwar kritisiert, aber das gibt uns Zeit, die Schweinehaltung betriebswirtschaftlich so weiterzuentwickeln, damit es auch nach dem Vollspaltenbodenverbot eine Schweinehaltung bei uns geben wird.

SOJ: Im September wurde vom VGT ein Skandal-Mastbetrieb in Niederösterreich angezeigt. 1000 Tiere lebten dort unter den erbärmlichsten Bedingungen. Es war der bereits dritte große Skandal in einem Mastbetrieb heuer. Was sagen Sie dazu?

Kurt Tauschmann: Es tut mir wirklich leid, dass es in Österreich noch solche Zustände gibt. Das ist durch nichts zu entschuldigen. Solchen Leuten gehört ein Tierhaltungsverbot auferlegt. Ich muss aber dazu sagen, dass 99,9 Prozent der österreichischen Schweinebauern eine perfekte Arbeit samt perfekter Tierbetreuung leisten.

Süd-Ost Journal

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