FrauenLeben/Im Blickpunkt Mag. Karin Kruschinski (Theatraliker-Fan)

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Frohnatur Karin Kruschinski ist Mutter, Selbstständige und leidenschaftliche Theatermacherin. Frohnatur Karin Kruschinski ist Mutter, Selbstständige und leidenschaftliche Theatermacherin.

Mag. Karin Kruschinski- Das Leben „So ein Theater“

„Salz&Pfeffer“ gehören in vielfacher Hinsicht zum Leben. Doch es kommt immer auf die Dosierung an. Manchmal versalzt das Schicksal zu viel am Lebensglück. Karin wollte ein Stück einer „heilen Welt“. Schon sehr früh war Karin vom Schauspiel auf der Theaterbühne begeistert. Waren es doch ihre Eltern Bertl&Anni, die von der Theaterluft bei den „Theatralikern“ begeistert waren. Speziell die Weihnachtsmärchen begeisterten. So erlebte Karin auch Hannes Krois, der den Jäger im Märchen „Schneewittchen“ spielte. Karins reale Märchenwelt von der Kindheit bis zum Studium, Liebe, Hochzeit, Kinder war geordnet. Dann die Erkenntnis, dass ihr Bub Alexander so unglaublich krank war. Und so begann von der Märchenwelt entfernt, die „gnadenlose Achterbahn“ des Lebens zu rattern. Zwischen Angst, Trauer und immer wieder Hoffnung. Darüber die Erkenntnis, dass Alexander unheilbar krank war. In dieser Zeit wurde Sohn Michael geboren. Fröhlich und gesund. Im Jahr 2008 sollte der schwerkranke Alexander eine Ernährungssonde bekommen. Karin kämpfte weiter für neue Wege der Ernährung. Und studierte in Wien die traditionell chinesische Heilslehre. Alexander verstarb im Februar 2022. Die Welt der Theaterbühne, speziell Theater für Kinder hält Karin ganz fest. Ist das Leben doch ein Weihnachtsmärchen????? 

von Mag. Karin Kruschinski

Ich beginne damit, was mich den letzten 17 Jahren am meisten geprägt hat - das sind meine Kinder. Ich bin Mutter zweier Söhne. Alexander wurde im August 2005 geboren, Michael im Dezember 2006. Alexander ist heuer im Februar verstorben - er war schwerstbehindert und sein Leben ist zu mühsam für ihn geworden. Sein Bruder Michael ist hier, besucht die HAK, umarmt mich, bringt mich zum Lachen und ist „einfach“ da. Er zeigt mir, wie wundervoll das Leben ist und dass Leben immer weiter geht.

Das heurige Jahr ist in vieler Hinsicht ein herausforderndes - mich hat es vor vollendete Tatsachen gestellt. „Lerne endlich loszulassen!“- hat es mir Anfang des Jahres als Lernziel vorgelegt. Ich bin 48 Jahre alt und dabei mich neu aufzustellen, mich neu im Leben zu positionieren. Ich habe große Pläne und ich habe eine Vergangenheit, aus der diese Pläne entstehen.

Geboren bin ich an Maria Lichtmess 1974. Der Tag der Lichterprozession. Ich glaube, einiges von diesem Licht ist auch auf mich gefallen. Ich war schon ein fröhliches Kind und ich bin eine fröhliche Frau - noch immer.

Ich habe meine Kindheit geliebt - eingebettet in eine Familie, bestehend aus Mama, Papa, Schwester, Oma und Opa. Viel Lachen, viel Liebe, auch Streitereien. Also, wie man so schön sagt, normal halt. Aber immer war die Gewissheit da, dass Liebe zueinander da ist - bedingungslos und tief.

Eine meiner liebsten Kindheitserinnerung ist die zauberhafte Welt des Theaters, in die mich meine Eltern schon früh eingeladen haben. Das Hobby meiner Eltern hat mich geprägt. Die „Theatraliker“ spielten Märchen in der Weihnachtszeit - mit „echtem“ Theaterschnee, tiefem Frau Holle Brunnen und verstaubter Theaterluft. Diese Leidenschaft ist tief in mir, hat mich nie losgelassen. Gespielt hab’ ich als Kind nie, geschaut schon und den Entschluss gefasst: sowas mach ich auch einmal - wenn ich groß - ähm - erwachsen bin.

Tag für Tag ging es weiter - rein ins BORG, rauf nach Graz an die Uni. Dort habe ich studiert, lernte das Leben und die Liebe kennen. Und mit meiner großen Liebe, Christian, bin ich nun seit 26 Jahren zusammen und seit 18 Jahren verheiratet - unvorstellbar!

Und so, wie man es in Märchen liest, verlief es anfangs auch bei uns. Ein hübsches Haus in Pertlstein, einleben und -schwupps - Alexander war da. Es war alles einfach, er ein wunderhübscher Bub. Es war eine grandiose Zeit!

Schritt für Schritt entfaltet sich aber auch das Leben - bald erlitt Alexander seinen ersten Epilepsieanfall und ich lernte, dass nichts im Leben „normal“ ist, und dass niemand ein angeborenes Recht darauf hat, gesund zu sein - aber sehr wohl darauf glücklich zu sein. Alex war schwerstbehindert. An die Zeit knapp nach der Diagnosestellung kann ich mich kaum erinnern - zu viel ist in meinem Kopf gewesen. Zu viel Trauer, zu viel Angst. Ich weiß nur, dass meine Familie und Freunde für mich da waren. Dass ich gehalten wurde und dass mir gesagt wurde - „Wir schaffen das!“. Alexander kam nach einiger Zeit wieder aus dem Krankenhaus nach Hause - für mich ein neues, ein anderes Kind und ich hatte meinen erstgeborenen Sohn, den ich in Gedanken heiraten und sein Studium abschließen gesehen habe, verloren. Ein erster Tod.

Familie Kruschinski bei einem der letzten langen Spaziergänge zu viert in Riegersburg.
Familie Kruschinski vor einigen Jahren für ein Projekt der Lebenshilfe Feldbach.

Es folgte eine Zeit der Unsicherheit, eine Zeit, in der ich Alexander wieder kennenlernte, ihn genauso wie er war, annahm. Jeder Anfall war für mich ein Anlass zu weinen. Eines Tages hielt ich ihn während eines Anfalls im Arm. Ich weinte und plötzlich war da der Entschluss mit dem Weinen aufzuhören. Und das tat ich. Ich habe bei keinem weiteren Anfall mehr geweint, sondern war ab diesem Moment mit aller Kraft für ihn da. Tag für Tag.

Knapp ein Jahr später dann das zweite Wunder. Michael wurde geboren. Neugierig auf diese Welt, fröhlich, gesund. Von Anfang an war Michael weltzugewandt, liebevoll und aufbauend. An einem grauen Tag frühmorgens kam er herunter zum Frühstück, fröhlich - Christian und ich waren müde von einer langen Betreuungsnacht -und ich fragte Michael, warum er denn bitte immer so fröhlich sei. „Es ist ein neuer Tag…!“, war seine Antwort.

Tag für Tag… schon wieder!

Christian reduzierte seine Arbeitszeit und half mir mit der Betreuung der Kinder - ich war in dieser Zeit maßlos überfordert. Das war ein Geschenk, wie ich jetzt erkenne: gemeinsame ZEIT und unser Leben wurde unsere Normalität.

Als Alex 2008 eine Ernährungssonde bekommen musste, begann mein großes Umdenken und auch meine berufliche Veränderung. Es konnte nicht sein, dass er jetzt nur mit Sondennahrung ernährt würde - das ging einfach nicht! Christian und ich sprachen viel in dieser Zeit - wir holten uns Unterstützung in vielen Bereichen, auch was unsere Ehe anging. Reden und verstehen. Unser Psychotherapeut fungierte als Dolmetscher - unser Verständnis füreinander blieb erhalten und wir schenken uns immer noch Zeit und Raum, zusammen unseren Weg zu gehen.

Die nächsten Schritte gingen rasch. Mein Weg führte mich nach Wien und ich studierte die traditionell chinesische Ernährungslehre aus dem Bedürfnis heraus meine Familie, meine Söhne bestmöglich ernähren und unterstützen zu können. Es war ein Freistrampeln, ein Wieder- entdecken meiner Einzigartigkeit, meiner Bedürfnisse und ein Erweitern meiner Denkweise. Ich bekam Selbstsicherheit, mich auch gegen Anordnungen zu stellen, selbst zu entscheiden und ich entdeckte immer mehr, dass Nähren vor Sättigen steht.

Immer tiefer tauchte ich in die Welt der 5 Elemente, inkludierte das Wissen um die zyklischen Abläufe des Universums mehr in mein Leben. Ich begann für die Familie mit dem Wissen um die Wirksamkeit von Nahrungsmitteln zu kochen und passte dabei die Ernährung von Alex immer seinem Zustand an. Es war ein jahrelanges Lernen mit den besten Lehrmeistern der Welt - meiner Familie.

Zusätzlich entwickelte sich aber noch etwas Großes - die Kunst des Lauschens und das Bedürfnis zu Berühren. In meiner Zusammenarbeit mit Physiotherapeut:Innen und Betreuer:Innen wurde mir erst so richtig bewusst, wie notwendig es ist, berührt zu werden - sich zu spüren. Und so stürzte ich mich in Ausbildungen, die der Körperarbeit gewidmet sind. In der Zwischenzeit hat sich daraus meine Technik der „Energetischen Ausgleichsarbeit nach TCM“ entwickelt. Es ist ein Lauschen mit dem Herzen, wenn Worte versagen. Ein Dasein auf allen Ebenen, ein Erspüren von Bedürfnissen - gelehrt durch ein Kind, dem die Worte fehlten. Meine Praxis „Tag für Tag“ ist gerade im Wachsen und ich darf mit dem großen Wissen aus den vergangenen Jahren Menschen auf ihrem Weg mit Ernährungsberatung, Ent- lastungstagen und Körperarbeit begleiten.

Und nebenher das große Glück „spinnen" zu dürfen - kreativ zu sein, mit Freunden gesegnet zu sein, die mit mir und meinem Mann gemeinsam die Theaterluft lieben. Und rein ins Abenteuer von „SET - SO EIN THEATER - Theater für Kinder und alle anderen“. Den Innovationspreis des Vulkanlandes durfte ich jubelnd für meine selbst geschriebenen Stücke entgegennehmen. „Kasperl und das bunte Leben“ ist sogar in Buchform erschienen und, so wie das eigene Baby immer das Hübscheste ist, ist dieses Buch wunderschön! Schreiben und als Hexe Krausemieselwurz mit meinen Freunden Kasperl, Gretel, und allen über die Bühne zu wirbeln, ist eine wunderbare, erfüllende Freude.

Alexander ist heuer im Februar verstorben. Ich trage ihn im Herzen, spüre eine übergroße Liebe für meine Söhne, meine Familie, meine Freunde, mein Leben und eine wärmende Dankbarkeit, für all die Dinge, die ich durch sie lerne.

Karin Kruschinski als Hexe Krausemieselwurz im Stück „Der Weihnachtszauberschnupfen“.

Süd-Ost Journal

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