Bad Gleichenberger Cur-G`schichterln/Die Sage von der heilenden Quelle

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Vor vielen Jahren lebte auf dem Schloss Gleichenberg die Gräfliche Familie mit ihrem kranken Sohn. Eine tückische Krankheit hatte das Kind befallen. Kein Arzt konnte helfen, man war ratlos. Das Kind wurde immer matter und bleicher und man rechnete schon mit dem Schlimmsten.

Eines Tages brachte der Burgvogt eine junge Zigeunerin auf das Schloss und bezichtigte sie der Zauberei. Die Gräfin saß mit ihrem Kind im Garten und sah wie die Männer mit Peitschen auf das Mädchen einschlugen. Laut weinend fiel die Zigeunerin der Schlossherrin zu Füßen und flehte um Erbarmen. Mitleidig hob diese das Mädchen auf und tröstete es. Die Gräfin befahl die Freilassung der Zigeunerin und gab dem armen Mädchen zu Essen und Trinken. Dankbar erhob sich die Zigeunerin und warf einen mitleidigen Blick auf das kranke Kind und sprach:„ Herrin, zum Dank für Eure Milde und Güte werde ich jeden Abend dort bei dem großen Stein einen Krug mit einem Trank für Euer Kind abstellen, damit es bald wieder gesund werde.“

Jeden Abend holte die Schlossherrin den Krug mit perlendem Wasser und gab ihrem Sohn zu trinken. Nach vielen Tagen und Wochen  war der Knabe gesund. Seine Wangen waren wieder rosig und seine Glieder stark. Die Gräfin saß wieder im Garten und sah dem im Gras spielenden Knaben glücklich zu. Da trat die Zigeunerin lächelnd aus dem Gebüsch und sagte zur Schlossherrin: „Meine Arbeit ist getan, ich ziehe weiter und wünsche Ihnen und dem Knaben ein langes, glückliches Leben“. Die Gräfin wollte zum Dank die Zigeunerin fürstlich belohnen. Die Zigeunerin lehnte  aber ab, nahm nur das Medaillon mit dem Bild des Knaben an einer goldenen Kette als Andenken mit und entschwand.

Es vergingen viele Jahre, der Knabe wurde ein stattlicher Mann und übernahm die Führung der Herrschaft. Die Zeiten waren nicht rosig, viele Bauern rebellierten über die immer höher werdenden Steuern und Abgaben an Herrschaft, Kaiser und Kirche. Wilde Horden aus dem Osten fielen ein und verwüsteten die Felder und  Höfe und brachten Seuchen und Hungersnot. Auch der Aberglaube blühte in unserem Lande, man suchte immer einen Schuldigen für Unwetter und Unglück. Meistens schrieb man solche „Zaubereien“ den sogenannten „Hexen“ zu.

Zu Beginn der Hexenprozesse brachten die Bauern eine alte Zigeunerin aufs Schloss vor den Burgherren und bezichtigten sie der Hexerei. Sie hätte das Vieh verzaubert und die Felder ruiniert, sie stehe mit dem Teufel im Bunde. Sie wurde in die Folterkammer gebracht und man wandte die peinliche Befragung an. Sie leugnete und schrie in ihrer Verzweiflung nach dem Burgherren Graf Trautmannsdorff, nur ihm wolle sie alles sagen. Man schleifte sie zum  Grafen, sie warf sich zu seinen Füßen und hielt ihm eine goldenen Kette mit einem Medaillon hin. Der Graf sah sein Jugendbildnis auf dem Medaillon und erkannte auch jetzt die Zigeunerin, welche ihm das heilende Wasser für seine seinerzeitige Genesung gebracht hatte und sein Leben gerettet hatte. Sofort hob er sie vom Boden auf, gab ihr zu trinken und essen, aber es war schon fast zu spät, denn die Zigeunerin war sehr krank und die Qualen der Folter und Misshandlungen hatten sie noch mehr geschwächt. Sie aber flüsterte dem Burgherren zu, er möge mit ihr kommen, sie zeige ihm die Quelle, die ihn gesund gemacht hat, aber es eile, denn sie werde bald sterben. Man trug die Sterbende ins Tal hinunter, wo sie noch den Weg zur Quelle zeigte und mit sterbender Stimme zum Grafen sagte: „Diesen Brunnen hat Gott geschaffen für Euch und die ganze Menschheit zum Segen“! Jetzt müsste man die Krankheit des jungen Grafen, nach heutigem  medizinischen Wissen, als eine Art Blutarmut bezeichnen! Wie in jeder Sage ein Körnchen Wahrheit steckt, dürfte auch hier  in der Klause, am Fuße des Burghügels, die Klausner Stahlquelle gemeint sein, die heute leider in Vergessenheit geraten und der jüngeren Bevölkerung gänzlich unbekannt ist. Doch schon im Jahre 1772 wurde sie von Dr. Gleisner chemisch untersucht und die ungemeine Heilwirkung bestätigt. Auch Dr. Franz Mitterbacher schreibt im Jahre 1856 in seinen  Bildern aus Gleichenberg über diese Quelle eine wissenschaftliche Abhandlung und setzt diese Klausnerquelle  gleich mit  jener von Bad Pyrmont  und Spaa.  „Sie ist demnach ein reines, kräftiges Eisenwasser, eine Stahlquelle (Chalybokrene) die kräftig in die Blutmasse eingeht und somit heilend wirkt.“ So die damalige medizinische Beschreibung dieser Quelle.

Süd-Ost Journal

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