Christian Ofner: „Die Bäcker haben leider einen großen Trend verschlafen“

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„Backprofi“ Christian Ofner steht Industrie-Krapfen sehr kritisch gegenüber. „Backprofi“ Christian Ofner steht Industrie-Krapfen sehr kritisch gegenüber.

Interview: Dorian Krois


SOJ: Was ist dein Erfolgsrezept in Zeiten des Bäckersterbens?
Christian Ofner: Das Selbermachen! Hier ist in den letzten Jahren viel passiert. Die Leute sind beim Einkaufen auch genauer geworden und wollen wissen, wo die Lebensmittel produziert werden. Ich spreche die Kunden an, die sich daheim hinstellen, und das eben selber machen wollen. Früher habe ich gedacht, das wird eher die Zielgruppe 60 plus ansprechen, mittlerweile ist es aber so, dass wirklich alle Altersschichten sowie junge Burschen und Mädchen zuhause stehen und ihr Brot selber backen. Ich erreiche sie mit meiner Internet-Seite und einem eigenen YouTube-Kanal. Das Erfolgsgeheimnis sind einfache und gelingsichere Rezepte ohne viel Schnickschnack.
SOJ: Wie wirken sich die Backshops und Billig-Backwaren bei Discountern und Supermärkten auf das traditionelle Bäckergewerbe aus?
Christian Ofner: Die Bäcker haben leider einen ganz großen Trend verschlafen und das ist mittlerweile schon 15 Jahre her. Den damals haben die Supermärkte schon angefangen, frisches Brot und Gebäck über den ganzen Tag anzubieten und viele Bäcker haben sich gedacht, „das ist mir wurscht“ und haben nicht wirklich auf die Qualität geschaut. Das muss man schon ganz ehrlich sagen. Punkten tun diese Backboxen und wie sie alle heißen, ja nur mit der Frische. Wenn Kunden das Geschäft betreten und den Geruch von frischem Gebäck wahrnehmen, werden doch viele auch spontan etwas mitnehmen. Frisch aus dem Ofen ist so eine Semmel sicher total gut, aber wenn du sie ein paar Stunden liegen lässt, dann wird sie relativ schnell trocken und zäh. Die Backstationen im Supermarkt leben alle nur von der Frische. Und so werden Schokocroissants für weniger als einen Euro verkauft, der Kunde beist hinein, sagt „voll gut, kaufe ich wieder!“. Es gibt ja bei den Bäckern keine Auszeichnungen wie zum Beispiel der Gault Millau in der Gastronomie. Die Bäcker haben nie etwas in der Richtung gemacht. Es hat alle 2 Jahre in Linz einen Backwettbewerb gegeben. Dort hat aber der gewonnen, der am meisten Produkte eingereicht hat. Es ist nämlich nicht darum gegangen, wer wirklich das beste Produkt hat, sondern umso mehr eingereicht worden ist, umso mehr Punkte wurden vergeben. So einen blöden Wettbewerb habe ich sonst mein Leben nicht gesehen! Mittlerweile gibt es aber einige Bäcker die zurückgehen und traditionelle Methoden und Rezepte verwenden. Wie zum Beispiel Josef Brot in Wien. Die haben alle einen echten Hype!
SOJ: Von Profis in Sachen Backen und Kochen wurde kürzlich in einer Tageszeitung ein Industrie-Krapfen zur Nummer 1 gewählt. Wie kann das sein? Sind unsere Geschmacksnerven schon so manipuliert?
Christian Ofner: Ja sind sie! Gerade bei den Backwaren gibt es eine riesengroße Industrielobby dahinter. Da gibt es eigene Abteilungen mit hunderten Mitarbeitern und Labors, die tagtäglich damit beschäftigt sind, Produkte zu entwickeln, die uns gut schmecken sollen, gut riechen und lange frisch bleiben. Genau das sind solche Produkte. Ich war einmal vor Jahren bei einer Blindverkostung von Broten in Deutschland. Dabei haben Bäckermeister 20 Brote verkostet und uns allen hat das Brot mit dem industriell gefertigten Sauerteig am besten geschmeckt. Das ist wahrscheinlich bei einer Essig-Verkostung mittlerweile auch schon so, das uns das gepanschte Zeug besser schmeckt. Das ist sehr traurig. Bei diesem Test darf man der Jury gar keinen Vorwurf machen, weil das wird wahrscheinlich jedem passieren. Traurig ist auch, dass solche Krapfen-Tests in Zeitungen ganz massive Auswirkungen auf den Verkauf haben. Dass der Krapfen von Billa der Beste sein soll, war somit wieder ein Schuss gegen die Bäcker.
SOJ: Was ist deine Lieblingsmehlspeise?
Christian Ofner: Krapfen natürlich, habe ich total gern! Ich bin aber ein Allesesser und Vielesser. Wir sind ja hier mit guten Rohstoffen gesegnet. Das Schlimmste für mich ist die Fastenzeit, aber eigentlich halte ich mich ja eh nicht daran.
SOJ: Was war dein bisher größter Erfolg – worauf bist du am meisten stolz?
Christian Ofner: Ich hab die letzten 7 Jahre ganz viele Meilensteine gehabt, aber mein letzter für mich persönlich war im vergangenen November in Fernitz. Da habe ich meine erste große Live-Backshow gehabt. Ein paar hundert Leute waren dabei und das war für mich einer meiner unvergesslichsten Tage. Keiner hat zuerst geglaubt, dass man sich mit Backkursen selbstständig machen kann und dann zahlen die Leute Eintritt um dich zu sehen! Weil das so gut angekommen ist, plane ich im Juni im Forum Kloster in Gleisdorf eine große Sommer-Backshow und im Herbst werde ich mit einer eigenen Backshow auf Tour durch die Steiermark gehen.
SOJ: Du bist ja auch erfolgreicher Buchautor. Werden wir bald wieder etwas Neues von dir zu lesen bekommen?
Christian Ofner: Ja, mein viertes Buch ist gerade beim Fertigwerden. Es wird „Pikantes vom Ofner“ heißen und es sind lauter herzhafte Sachen drin, wie Rezepte für Tomaten-Baguette, Trüffel-Ciabatta, Limetten-Brot mit Räucherforelle - aber auch mit regionalen Sachen wie Vulcano, Kren oder Käferbohnen habe ich viel gemacht. Das Buch wird zur Grillsaison erscheinen. Mein Ziel ist, dass die Leute dann ihre Baguettes selber machen und weniger zum fertigen Zeug im Supermarkt greifen.

Süd-Ost Journal

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